Freitag, 24. März 2017

Rammstein

 Heute war ich mit A. in Rammstein: Paris, ein Film, der an drei Tagen in einigen Kinos läuft.




Der Film wurde sehr gelobt:
Der Konzertfilm "Rammstein: Paris" setzt neue Maßstäbe. Während der "Made in Germany"-Tour drehte der schwedische Regisseur Jonas Åkerlund im März 2012 bei zwei umjubelten RAMMSTEIN-Konzerten, die vor jeweils 17.000 Zuschauern im Palais Omnisports in Paris-Bercy stattfanden. Der Film, der daraus entstanden ist, ist nicht nur das bislang spektakulärste Bilddokument über die derzeit größte deutsche Rock-'n'-Roll-Band - er ist ein Meisterwerk des Musikkinos, das die Energie von RAMMSTEIN in ein einmaliges visuelles und sonisches Erlebnis fasst. 


Mir hat das nicht gefallen, wie er das gemacht hat: kein Bild länger als zwei Sekunden, alle möglichen Verfremdungseffekte, unentwegtes Gestalten jedes Augenblicks, wo doch alles schon bis ins Detail gestaltet ist bei Rammstein - es war überflüssig, zuviel und anstrengend.
Aber unter all dieser 'Filmkunst', da war Rammstein. Und das war schön. "Schön" vielleicht nicht grade, aber gut. Sie sind anders als andere Rockmusiker, die ja alle irgendwie wild und böse und aufständisch rüberkommen wollen. Rammstein macht eine wilde, böse und aufständische Show, aber sie sind immer auch irgendwie ein bisschen traurig und einfach und echt. Echt böse.
Flake Lorzen, Autofahrt von San Antonio nach Houston: "Alles, was aus Anstrengung entsteht, ist Scheiße. Hör dir die Musik im Radion an. Leiernder, wehleidiger, stumpfer Dreck. Entstanden aus Anstrengung. Gemacht von Leuten, die Häuser abbezahlen müssen. Stumpf anmoderiert von Leuten, die Häuser abbezahlen müssen. Kapitalismus macht stumpf. Ich habe mich noch keine fünf Minuten angestrengt. Man muss sich entscheiden. Gute Kunst entsteht nicht aus Anstrengung. Sondern absichtslos. Aus Lust."
(SZ-Magazin, 6.7.2012)




Sie bewegen sich mit schlichter Selbstverständlichkeit zwischen den grotesken Inszenierungen und der irren Musik, verbeugen sich artig und werfen Kusshändchen. Irgendwie freundlich. "Lieb" nannte A. sie.
Und die Texte sind poetisch, da gibt es nichts:
Du
Du hast
Du hast mich
Du hast mich
Du hast mich gefragt
Du hast mich gefragt
Du hast mich gefragt und ich hab nichts gesagt 
Oder:
Wer zu Lebzeit gut auf Erden
Wird nach dem Tod ein Engel werden
Den Blick gen Himmel fragst du dann
Warum man sie nicht sehen kann

Erst wenn die Wolken schlafengehn
Kann man uns am Himmel sehn
Wir haben Angst und sind allein

Gott weiß ich will kein Engel sein



Der Sänger Till hat immer schon Gedichte geschrieben, der macht die Liedtexte. Hat jetzt aber auch einen Gedichtband rausgebracht. Die Musiker kommen alle aus gutbürgerlichen Verhältnissen:
Gitarrist Paul Landers als Sohn des Philosophen und Slawisten Anton Hiersche. 78-jährig saß der Vater im Dezember in einem der Rammstein-Konzerte in der Berliner O2-Arena. Dann mailte er seinem Sohn Paul: "Indem ihr die Dinge bis über das Extrem hinaustreibt, nehmt ihr ihnen das Anstößige. Doch hinter der Groteske geht die Ahnung von etwas sehr Ernstem, Wesentlichem nicht verloren. Ihr seid nicht doppel-, sondern dreibödig. Im Russischen gibt es in Bezug auf solche Kunst den schwer übersetzbaren Terminus Sá-um, wörtlich: Hintersinn. Man muss die Darbietung mitdenken, um hinter den Sinn zu kommen."
(SZ-Magazin)
Das trifft auch mein Gefühl: es ist immer wieder so extrem, dass es über eine Grenze hinausgeht. Und hinter dieser Grenze, da wird es wieder einfach, unschuldig.



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