Samstag, 10. Juni 2017

Jerusalem1




Gestern waren wir am toten Meer und haben uns aufs Wasser gelegt - es ist verboten, Brustschwimmen zu versuchen, die Gefahr ist zu groß, dass die Füße hochgerissen werden und das Gesicht unter Wasser gerät. Das Wassser ist bei größerer Menge regelrecht giftig, so salzig ist es. Und wenn man in Panik gerät, ist es schlecht. Wir waren alle furchtlos und ließen uns treiben. Dann hockt man sich an den Rand, gräbt tiefe Löcher in den Schlick, in die dann alle nachfolgend Badenden fallen, so wie wir vorher, und beschmiert sich von oben bis unten. Auf diese Weise deutlich verjüngt fuhren wir ins alte Jerusalem. Nachdem wir geduscht hatten!


Der Fahrer ließ uns auf dem Ölberg raus, weil die Stadtmitte gesperrt war: ungefähr 140.000 Moslems hatten sich in der Al Aqsa Moschee zum Beten eingefunden (Ramadan), wir hörten ihre Schreie hinüberhallen. Wir wanderten den Berg hinunter, von Kirche zu Kirche, von allen Stellen, wo Jesus gebetet hatte, geweint hatte, Wunder tat, stolperte oder prophezeite. Izzik, unser Guide, sang in einer Kapelle mit besonders schöner Akustik ein jüdisches Lied, die Judenkenner unter uns stimmten ein, das war unsere einzige religiöse Handlung an dem Tag. Wir passierten einen unglaublich großen Friedhof - für die Juden ist es das Größte, was vorstellbar ist, dort begraben zu sein, denn dort wird das Jüngeste Gericht (heißt das bei den Juden auch so? Ich weiß es nicht) stattfindet. Wer dort liegt, kommt zu erst an die Reihe. Dort liegen also die Guten. Die anderen liegen lieber irgendwo in Austalien.

Tempelberg






Dann betraten wir durch eins der sieben (?) Tore die Altstadt - enge Straßen, an deren Rändern die Araber auf Tüchern und Kisten Ihr Zeug verkauften. Dann wanderten wir die Stationen des Kreuzweges ab und stießen in die Altstadt vor. Die ist völlig arabisch - die Hauptstadt von Israel. Zwei Meter breite, stufige Gassen wo sich ein Laden an den anderen reiht. Durch offene Türen sahen wir die engen, steilen Stufen, die hoch in die Wohnungen führten. Alles war unglaublich dicht und eng und bevölkert. Wir kamen in die Grabeskirche, die wie ein Ameisenhaufen aufgebaut war und bewimmelt war von Gläubigen: lauter einzelne Kapellen - Treppen rauf und Treppen runter - und Altäre und Stellen, wo sie Schlange standen um dort dann niederzuknieen, den Boden zu küssen oder einen Stein zu berühren und zu beten. Meine Güte...
Am Abend gingen wir zum Shabatt an die Klagemauer. Von allen Seiten eilten die Gläubigen dorthin. Vor der Mauer ist mittlerweile ein großer Platz angelegt, um der Menschenmengen Herr zu werden. Dort ging es ziemlich munter zu: fast nur junge Leute waren unterwegs. Hinter einem Zaun lagen die beiden getrennten Bereiche von Männern und Frauen, ganz vorne an der Mauer waren die Ernsten im tiefen Gebet versunken, in der Mitte fanden sich immer wieder Gruppen zu einem Kreis und sangen und tanzten und machten viel Getöse - und zwar auf beiden Seiten, bei den Mädchen genauso. Es war eine festliche Stimmung: der Mond schien, es ist auch nachts fast dreißig Grad, aber es gibt einen schönen Wind und am Ende zogen wir im Strom der Gläubigen mit und nahmen den Weg zurück durchs jüdische Viertel. Kleine Gassen, Treppchen, alte Bäume, gepflasterte Sträßchen - der Weg war ungeheuer entspannt und friedlich. Kaum zu glauben, dass sich an dieser Mauer im Grunde die Leichen türmen, die sie gekostet hat.



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