Ramallah im Ramadam kurz vor Sonnenuntergang. |
Suleiman sagte, im Ramadam sind die Freitage in Jerusalem ein sich steigernder Alptraum, am schlimmsten ist der vierte, da muss man Jerusalem meiden. Menschenmassen.
In Ost-Jerusalem leben ca. 180.000 Leute, die da nicht hingehören, "neue Gäste" nannte Suleiman sie mit feinem Lächeln. Die Palästinenser dort sind jordanische Staatsbürger auf unbestimmte Zeit mit israelischem Ausweis. Sie können in den Vierteln der Israelis nicht wohnen, nicht vom Gesetz her, aber von den Bewohnern dort, man lebt streng getrennt in der Stadt, auch wenn man zusammen arbeitet und Politik macht etc., sie scheinen sich gut zu arrangieren im Alltag. Eine Benachteiligung bleibt, da Palästinenser hauptsächlich im Niedriglohnsektor sind. Viele sind im medizinischen Bereich: Ärzte/innen und Pfleger/innen. Seit 1993 braucht man eine Erlaubnis, um nach Jerusalem reinzukommen.
Eine Kopie der Berliner Mauer trennt die Westbank von Zone C. Palästinenser aus der Zone müssen durch einen Checkpoint, um ein paar Straßen weiter jemand zu besuchen. Und Checkpoint ist Stress. Nur die Auto mit israelischen Kennzeichen kommen einfach durch.
Die Zone C dort hat es schlecht: Israel fühlt sich für nichts zuständig und will dort nichts tun (Müll!), palästinensische Behörden dürfen dort nichts tun, es ist eine herrenlose Gegend, d.h. dort wird ohne Genehmigung gebaut und es herrscht totales Chaos. Laut Suleiman.
Ramallah ist eine Ausnahmestadt, es ist ziemlich wohlhabend. Früher war es rein christlich, heute gibt von 180.000 Einwohnern nur noch 12.000 Christen.
Werbung für ein koffeinhaltiges Limonadegetränk. |
Momentan sitze ich auf der Dachterrasse, ein kühler Wind geht, was schön ist bei den 35 bis 40 Grad, die es hier immer hat und ich schaue über die Hügel der Stadt, die sich in der Ferne im Dunst verlieren.
Vom Toten Meer hierher fuhren wir durch ein Stück Wüste - sie ist im Umkreis von Jerusalem von Nomanden besiedelt, das fand ich unglaublich. Mitten zwischen den staubtrockenen Wüstenhügeln, wo nicht mal irgendein Gestrüpp zu sehen ist, nur Steine, Sand und Steine, haben sich Nomaden in winzigen Blechhütten und Holzverschlägen niedergelassen in der gnadenlosen Sonne, ein dürres Pferd daneben angebunden, das sich ratlos umsah.
Also: so eine Kluft wie zwischen Tel Aviv, wo am Freitag die Schwulenparade die Stadt in Aufregung versetzte, und diesen trostlosen kleinen Wüsten-Elendsvierteln habe ich noch nie gesehen. Außer vielleicht in Dakar damals, da gab es das auch.
Hungerstreikende. Überall in Ramallah hingen die Plakate. |
Arafats Grab. |
Heute hatten wir den ganzen Tag wieder Ron Shatzberg als Guide. Den finde ich richtig, richtig gut:
Er ist Sicherheitsexperte der Economic Co-operation Foundation (ECF
Mir war das garnicht klar: 60 % von Israel ist Wüste, d.h. wenn man sich die Landverteilung zwischen Palästina und Israel ansieht, dann haben die Palästinenser zwar nur 22 % von Israel, aber es sind 22 % von den 40 % des bewohnbaren Landes. 6 % der Israelis leben in der Wüste und 70 % leben in einem Teil, das nur ein Drittel der Fläche der Westbank hat. Es ist einfach sehr, sehr voll.
Nach der zweiten Initifada 2000 wurde die Westbank komplett mit einem Zaun umgeben, der jede Bewegung registriert. Ost-Jerusalem und West-Jerusalem sind zwei getrennte Bereiche. Palästinenser dürfen rüber (nicht mit dem Auto, zu Fuß oder per Bus), weil viele bei den Israelis arbeiten (ca. 50.000), wozu sie natürlich eine Erlaubnis brauchen. Der Mindestlohn dort sind 5.000 Schekel (1.250 Euro), in Palästina hat der Durchschnitt ca. 2.500 Schekel im Monat. Ron erzählte, im Kibbuz arbeiten seit vielen Jahren zwei Palästinenser aus Jerusalem, Vater und Sohn: sie fahren um halb 4 Uhr morgens los, um vor dem großen Run am Checkpoint zu sein. Sie brauchen dort dann nur eine halbe Stunde. Dann kommen sie um 6 Uhr im Kibbuz an und warten dort eine Stunde, bis die Leute aufstehen. Sie arbeiten dann bis nachmittags und fahren vor dem großen Andrang am Checkpoint (Wartezeiten bis zu drei Stunden) zurück. Dafür verdienen sie 7.000 Schekel, das ist fast dreimal so viel wie der Durchschnitt.
Geschützte Straße für Israelis. |
Zonen A und B rot. |
In Jerusalem sind also die Stadtteile durch den Zaun getrennt. Wo es sehr gefährlich nah ist (von Fenster zu Fenster Beschuss möglich), gibt es eine Mauer (10 % der Grenze), denn 1 km Abstand vom Zaun kostet die Regierung ca. 1 Mio $. Teilweise stehen dort auch Kameras, die 10 km weit beobachten können, tag und nachts. Die werden von Soldatinnen bedient, weil die genauer und geduldiger sind als Männer. Sie sind Expertinnen für ihre jeweile Zone.
Es gibt eine Kommission, die sich genau die Grenze ansieht und ein Gericht entscheidet, wo es nicht mehr um Sicherheit sondern um Landnahme geht, dort wird die Grenze teilweise korrigiert. Die Grenzen sind auch deshalb veraltet, weil niemand mehr mit einem konventionellen Krieg (Angriff mit Panzern) rechnet, die Zeiten sind vorbei. Jetzt braucht man Schutz vor Terroristen.
Die Israelis bemühen sich teilweise, sehr korrekt zu sein, aber ich glaube, nicht in allen Bereichen. Das Millitär ist jedenfalls überwiegend vertrauenswürdig, es hat von allen Institutionen in Israel den besten Ruf.