Dienstag, 3. Januar 2017

Schnee

Gestern war ich mit A. auf dem Blomberg. Keine Ahnung, wo er ist, A. holte mich von der S-Bahn und fuhr uns hin. Es schien noch die Sonne, aber es war Schnee angesagt für den Abend. Da mir Berge ganz fremd sind, wunderte ich mich nicht über die Schneemassen, die dort an einer einzigen Stelle am Fuße des Aufstiegs aufgetürmt waren. Erst im Nachhinein sah ich, dass dies eine Schneeproduktionsstelle war: etliche Schneekanonen standen dort im Halbkreis, bereit, den Berg einzuschneien, damit die Menschen runterrutschen können. Sie schießen den Schnee aus den Kanonen auf einen Haufen und schieben ihn dann mit Raupen den Weg hoch, der rutschig werden soll.





Die Bäume im Umkreis müssen völlig verblüfft gewesen sein, dass einige von ihnen absolut unvermutet eingeschneit wurden, während der restliche Wald noch in trocken-herbstlicher Stimmung war.
Wir stapften aber schön im Trockenen und teilweise bei Sonne den steilen Berg hinauf. Die Tüchtigen stapften natürlich schon wieder runter: die waren im Morgengrauen schon aufgebrochen. Was ich gelernt habe: Bergstapfer duzen sich. Das ist nett. "Servus, grüast euch!" riefen sie uns zu, während sie uns überholten oder eben schon auf dem Rückweg waren.



Oben lag die Wirtschaft noch genau so lange in der Sonne, bis unser Leberkäs mit Kartoffelsalat und Spiegelei auf dem Tisch stand. Dann zogen von Westen dicke graue Wolken über uns, die richtigen Schnee transportierten. Wir waren noch so erhitzt, dass wir draußen fertigaßen in der schlagartig einsetzenden arktischen Kälte, zum maßlosen Entsetzen zweier Bergkameraden, die sich für den Abstieg präparierten und uns ein ums andere Mal kopfschüttelnd betrachteten: "Ja, bei der Kälte draußen essen, das geht doch nicht. Ja, geht's doch rein. Bei der Kälte draußen... Mei-o-mei, das geht doch nicht."
Wir gingen dann rein, nicht nur, um die beiden von ihrem Entsetzen zu erlösen, sondern auch, weil mein schweißnasses Unterhemd anfing, Eiskristalle zu bilden. Ich spürte das am Rücken. Drinnen aßen wir dann noch einen Käsekuchen.
Es herrscht in diesen sogenannten "Hütten" eine angenehme, sehr freundliche Atmosphäre. Das ist die Bergkameradschaft, die wirkt sich auch auf die Bedienungen aus, die uns selbstverständlich auch duzten. Dabei hatten sie in der Hand so kleine Computer, mit denen sie alles regelten, auch unseren Tischwechsel durch den Umzug von draußen nach drinnen. Also: das waren nicht die Töchter des Bergbauern, der dort in seinem Stadl einen kleinen Ausschank betrieb.
Der Rückweg gestaltete sich dann einen Moment lang dramatisch, da wir auf den Weg gerieten, der sich unvermutet in eine Rodelbahn mit dem von den Kanonen erschossenen Schnee verwandelte. A. blieb unerschrocken, sie war mit Stöcken ausgerüstet, aber ich rutschte dermaßen, dass mich ein ziemliches Entsetzen anwandelte. Das ging gar nicht. Da musste ich bei jedem Schritt die Muskeln derartig anspannen um mich gegen das Rutschen zu stemmen, ich hätte das keine fünf Minuten durchgehalten. Ich habe das noch nicht erwähnt, aber so ein Berg ist steil. Richtig, richtig steil, der Weg ragt stellenweise quasi senkrecht vor einem auf. Oder fällt vor einem runter. Was tun?
Wir versuchten den Sessellift anzuhalten, der genau dort eine kleine Station hatte, aber der junge Mann riet uns ab, wir hätte erst wieder hochfahren müssen. Also stapften wir den Berg wieder hoch - "nur zwei Kurven", hatte er behauptet, der gutgelaunte junge Sesselliftwart - und wurden nach endlosen Kurven belohnt mit dem wunderbaren Weg, den wir auch schon hinaufgenommen hatten.
Und dann das zweite Wunder: genau als wir im Auto saßen, begann es zu schneien. Nicht vorher. Jetzt mischten sich also der erschossene und der geschneite Schnee zu einem richtigen Winterberg. A. will noch diese Woche wieder hin und mit einem Schlitten runterrutschen.