Samstag, 25. Februar 2017

Kunstsalon

Richtig reisen mit dem Herrn der kleinen Vögel
Eine konzertante Performance im Rahmen des kunst.salon auf wanderschaft
mit Musik u.a. von A. Vivaldi, Rudi Spring (UA) und bayr. Volksmusik, Texte von Yoko Ogawa und Blaise Pascall, mit Ruth Geiersberger (Stimme) und Michel Watzinger (Hackbrett)


Gestern war ich beim M.'s kunst.salon auf wanderschaft, diesmal in einer Galerie in Haidhausen, unweit von meinem neuen Gefängnis am Max-Weber-Platz. Ich ging daran vorbei: es sieht noch aus wie eine Baustelle. Gibt sich harmlos. Das Büro von A. und mir liegt ganz oben, in einer Reihe mit einigen anderen, alle mit einem Balkon verbunden. 'Meine Leute' sind allerdings alle woanders, im zweiten Stock. Ich werde sie Montag suchen gehen.
Ich habe bei der Schlüsselabgabe von der Lindwurmstraße versehentlich den Schlüssel vom Müllhäuschen hier abgegeben. Ich schätze mein Unbewusstes, aber ich fürchte es auch.

Also: kunst.salon.
 
Am Eingang wurde mir ein Zettelchen in die Hand gedrückt mit dem Hinweis, ihn sorgfältig aufzubewahren. Da stand:
Dreizehenspecht (Picoides tridactylus)
Er ist die seltenste Spechtart Mitteleuropas. Sein Ruf ähnelt demjenigen des Bundspechts, ist aber weniger kräftig und etwas tiefer ("dshügg" gegenüber "kicks"). Die Bruthöhle befand sich in einem Lärchen- und Arvenwald, wo wir das leise "tür" der jungen Spechte hören sowie den Buchfinkenschlag.
Also: akustisch ist da wirklich was los, in der Natur. Mir war etwas mulmig: Ruth Geiersberger bezieht das Publikum immer gerne ein in die Performance, aber ich sah mich außerstande, diesen Zettel laut vorzulesen. "Dshügg"...?
Auf jeden Fall waren Vögel und Reisen das Thema, das wusste ich schon.
Neben mir saß eine Freundin von M., auch eine Sängerin, sie wird vierzig und hörte von einer Agentur, dass die niemand über sechsundzwanzig aufnehmen. Das wird alles anders, wenn wir das bedingungslose Grundeinkommen haben. Alle werden singen!
Der Abend verlief harmlos, nur an einer Stelle forderte Ruth uns auf, uns einen Platz im Raum zu suchen und den kleinen Zettel zu lesen, so für uns selbst: murmelnd. Ein allgemeines Gemurmel entstand, das war es schon.
Das Buch, aus dem Ruth vorlas, gefällt mir, das lese ich mal: Yoko Ogawa, „ Der Herr der kleinen Vögel".







 
 
 
Ich hatte M. ein ganzes Bündel Zitate über Vögel gegeben, wovon aber nichts zum Einsatz kam. Daher an dieser Stelle mein Lieblings-Vogel-Zitat (W.G. Sebald, Austerlitz):
So oft als möglich, wenn jemand aus dem Ort landauf oder landab fahre mit einem Wagen, lasse er die drei Tauben in der Ferne aussetzen, und unfehlbar fänden sie sich jedesmal wieder in ihrem Kogel ein. Nur die Tilly, die weiße, sei einmal, gegen Ende vergangenen Sommers, weit über die Zeit hinaus ausgeblieben, nachdem man sie von dem nur ein paar Meilen talaufwärts gelegenen Dolgellau aus auf einen Probeflug geschickt hatte, und erst am folgenden Tag, als er die Hoffnung bereits aufgeben wollte, sei sie endlich zurückgekommen - zu Fuß über die Kiesbahn der Einfahrt herauf, mit einem gebrochenen Flügel.

 
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